Tourismus

Alarmglocken im Wintertourismus?

Vordergründig scheint die Welt ja noch in Ordnung zu sein: Einen besseren Auftakt für die Skisaisonals Sölden – weißer Schnee, blauer Himmel, tolle Stimmung – hätte es nicht geben können. Auch Schnee ist zur rechten Zeit in den Städten gefallen, der erfahrungsgemäß sofort den Wunsch nach einem Skiurlaub und die Kauflaune für den Erwerb einer neuen Ausrüstung deutlich steigen lässt. Und erst die Statistik!

Bei einem von der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) angestellten Vergleich über die Entwicklung der Ankünfte in Österreich, Südtirol und der Schweiz in den vergangenen zehn Jahren konnte erneut die führende Rolle Österreichs im Alpenraum bewiesen werden. Bei den Deutschen ist Österreich mit Abstand das liebste Urlaubsziel – fast 70 % der Deutschen, die im Gebirge urlauben, kommen hierher.

Auf den Rängen folgen die Schweiz und Südtirol mit jeweils ca. 15 %. Österreich konnte seinen Marktanteil im Untersuchungszeitraum stabil halten, die Schweiz hat klar an Südtirol verloren. Selbst im heurigen Sommer hat Österreich bei den Ankünften aus Deutschland um immerhin 1,3 % zugelegt. Urlaub in der Heimat: Was den Urlaub im eigenen Land betrifft, liegt Österreich mit über 96 % Anteil beiden eigenen Landsleuten in einer kaum mehr zu steigernden Position.

Auch Schweizer und Italiener bevorzugen den Urlaub in der heimischen Bergwelt, doch weitaus weniger deutlich als hierzulande. Immerhin liegt Österreich bei den Schweizern und den Italienern mit 11,2 bzw. 28 % Marktanteil an der sehr guten zweiten Stelle. Aber Statistiken sagen nur etwas über die Vergangenheit aus. Doch auch die aus Hotellerie und Seilbahnwirtschaft zu vernehmenden Prognosen für die kommende Wintersaison sind durchaus von verhaltenem Optimismus getragen. Dass es sich dabei nicht nur um ängstliches Rufen im Wald handelt, zeigen allein die 550 Mio. Euro, die von Österreichs Seilbahnwirtschaft heuer investiert wurden.

Trotzdem: Die fröhliche Stimmung, sei sie nun echt oder aufgesetzt, kann das dumpfe Läuten der Alarmglocken im Hintergrund nicht ganz übertönen. Immerhin planen laut einer „market“-Umfrage in der kommenden Wintersaison 10 % weniger Österreicher als noch vor einem Jahr, mehr als einen Tag Urlaub zu machen. Es ist allerdings durchaus möglich, dass sich kurzfristig je nach Wetterlage doch wieder mehr Österreicher für einen Winterurlaub im eigenen Land entscheiden werden. Interesse der Jugend am Skilauf Gravierender sind da schon jene Tendenzen, die sich auch nach Abflauen der Rezession nicht so leicht umkehren lassen werden.

Bei der Jugend in Österreich und in den angrenzenden Herkunftsmärkten geht das Interesse am Skilauf deutlich zurück. So nahmen in Österreich zur besten Zeit noch 250.000 Schüler an Skikursen teil, zuletzt waren es nur mehr 150.000 pro Jahr. Da eine Zwangsverpflichtung zum Schulskikurs, wie sie bis 1995 in Österreich noch existiert hat, dem heutigen Zeitgeist wohl nicht mehr entspricht, wird es darum gehen müssen, Lehrer, Schüler und Eltern mit wirklich attraktiven Angeboten von den Vorteilen einer Woche in Sonne, Schnee und frischer Bergluft zu überzeugen. Bei Familien mit Migrationshintergrund wird das besonders schwierig sein, doch man sollte nichts unversucht lassen, auch diese wachsende Gruppe anzusprechen.

Als eben so wenig vorteilhaft für die Nachwuchspflege erweist sich die immer öfter zu beobachtende Einstellung kleiner Schlepplifte, an denen früher die einheimischen Jugendlichen nach der Schule ihre ersten Schwünge ausprobiert haben. Schüler und Schülerinnen aus der Gegend, die nur kurz einmal ein wenig schwingen wollen, sind nicht immer bereit, den Preis für eine im ganzen Skiverbund gültige Tageskarte hinzulegen.Ticketpreise: Womit wir beim Thema Preis angekommenwären. Die Tatsache, dass bei Tageskartendie Schmerzgrenze von 40 Euro bereits erreicht wird, sollte zumindest Anlass sein, über besonders familien- und jugendfreundliche Angebote nachzudenken.

Wobei es nicht angehen kann, aus Preisaktionen resultierende Einbußen nur einseitig auf die Seilbahnwirtschaft abladen zu wollen. Gerade hier ist die oft beschworene, aber nicht immer wirklich realisierte faire Zusammenarbeit zwischen Regionalverbänden, Hotellerie, Skischulen und Seilbahnbetreibern vordringlich. Erfolge durch Innovation. Doch was immer auf Österreichs Tourismus und Seilbahnwirtschaft noch zukommenwird – beide haben in den vergangenen Jahrzehnten Innovationsfreude, Investitionsbereitschaft und Flexibilität gezeigt und damit auch unbestreitbare Erfolge eingefahren.

Mit dem gleichen Elan könnten neben Rückgewinnung der Jugend noch einige andere Zukunftsprojekte angegangen werden: Noch mehr Ski-Openings, noch mehr spektakuläre Skirennen nach Möglichkeit in der Nähe großer Städte, noch mehr Zusammenarbeit mit Skihallen in Europa und der ganzen Welt, um die Faszination des Skisports und die Schönheit der Regionen, in denen er zu Hause ist, lebendig zu halten; das gezielte Bewerben von Ski-Wiedereinsteigern in der Altersgruppe 50+; und letztlicheine Sichtweise, die den Berg nicht nur als Sportgerät, sondern als Ort der Befreiung von Alltagszwängen und des Auslebens von Emotionen sieht und auch entsprechend darstellt. Nur so wird es auf Dauermöglich sein, der wachsenden Konkurrenz der Sonne- und Meer-Destinationen und der sich sprunghaft vermehrenden, immer luxuriöser ausgestatteten Thermen zu begegnen.

Helmut Zolles


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