Mit dem folgenden Artikel wird die aktuelle Rechtsprechung des US in UVP-Verfahren für Skigebiete dargestellt.
Kaunertal (US vom 30.04.2008, US 6B/2008/5-8)
Die Projektwerberin hat die Feststellung beantragt, dass eine – im Bereich des bestehenden Gletscherskigebietes – geplante Pendelbahn nicht UVP-pflichtig sei, weil es durch sie zu keiner Flächeninanspruchnahme komme. Der US war jedoch der Ansicht, dass eine UVP durchzuführen sei.
Da die neue Talstation direkt im bestehenden Gebiet liegt und da die geplante Seilbahn – auch wenn keine neue Piste geplant ist – mit dem bestehenden Skigebiet in einem engen Zusammenhang steht, geht der US davon aus, dass das Projekt eine „Erweiterung“ des bestehenden Skigebietes darstellt. Der US hat in weiterer Folge geprüft, ob auch eine Pendelbahn als „Lifttrasse“ anzusehen ist, obwohl keine bodengebundene Beförderung erfolgt.
Nach Ansicht des US kommt es für die Definition der „Lifttrasse“ nicht darauf an, ob die Linienführung am Boden verläuft oder „bodenfern“ (aber spurgebunden). Der US qualifizierte somit auch den Verlauf der Pendelbahn als Lifttrasse. Auch der von der Pendelbahn nur überspannte Bereich ist bei der Flächenberechnung zu berücksichtigten, da sich aus der Bestimmung zum Bauverbotsbereich ergibt, dass auch überspannte Flächen von einer Seilbahn „beansprucht“ werden.
Zusammengefasst ist der US somit zu dem Schluss gekommen, dass auch die Trasse einer Pendelbahn über bereits bestehende Pisten eine „Erweiterung“ eines Skigebietes darstellen.
Ischgl (US vom 05.12.2008 US 6A/2008/10-24)
Die Projektwerberin beantragte, festzustellen, ob für ein Seilbahnprojekt eine UVP durchzuführen sei (ihrer Ansicht nach werden die Schwellenwerte nicht erreicht). Gemäß der Entscheidung des US ist dieses Vorhaben allerdings mit einem weiteren Projekt (auszubauende Skiroute) zusammenzurechnen und besteht daher eine UVP-Pflicht.
Bei einer Zusammenrechnung ist im Einzelfall zu beurteilen, ob über Jahre hinweg gesetzte Maßnahmen eine oder mehrere Änderungen darstellen. Als Kriterium dafür kann z.B. ein erkennbarer „Gesamtwillen“ dienen, aber auch die zeitliche Komponente (Datum der Antragstellung). Im vorliegenden Fall hat der US beide Projekte zusammengerechnet, da einerseits ein Skifahrer, der die Bahn benutzt, auch über die Skiroute fahren muss, um ins Tal zu gelangen. Andererseits besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang, da beide Anträge innerhalb von zwei Monaten gestellt wurden.
Zum Ausmaß der Geländeveränderung stellte der US fest, dass der Einbau des Überschussmaterials auf einer bestehenden Pistenfläche keinen „Pistenneubau“ darstellt. Diese Fläche ist bereits erdbautechnisch überformt und weist die typische Pistenvegetation auf, nach der Rekultivierung wird kaum ein Unterschied zum vorigen Zustand erkennbar sein.
Daher ist diese Fläche nicht einzurechnen. Auch die Baggerspur im Bereich der Talstation ist keine „Geländeveränderung“, da sie innerhalb einer Vegetationsperiode nicht mehr erkennbar sein wird. Die Baggerspur bei der Bergstation führt über einen spärlich bewachsenen Schuttbereich, der durch das Befahren nur punktuell beeinträchtigt werden könnte. Somit sind diese Flächen bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen.
Krimmel/Wald III (US vom 21.12.2009, US 7B/2007/5-58)
Die Landesregierung hatte erkannt, dass für diverse Maßnahmen (Almerhaltungsprojekt, Geländekorrekturen, Beschneiungsanlage) keine UVP durchzuführen ist, da der Schwellenwert nicht überschritten wird. Der US hat diese Ansicht bestätigt.
Er führte dazu aus, dass im betroffenen Gebiet zwischen 2003 und 2007 zeitgleich mehrere (zum Teil nicht dem Skigebiet zuzurechnende) Maßnahmen realisiert wurden. Maßnahmen außerhalb der Pistenflächen sind aber nur dann in den Flächenverbrauch einzurechnen, wenn es sich um „Geländeveränderungen durch einen Pistenneubau“ handelt. Der US konnte allerdings die einzelnen Bauphasen den diversen Vorhaben nicht mehr genau zuordnen. Auch der exakte Verlauf der zu Beginn der Almerhaltungsmaßnahmen bestehenden Skipisten konnte nicht mehr festgestellt werden. Somit war nicht mehr zu ermitteln, ob durch die anderen Maßnahmen möglicherweise auch eine Erweiterung der Skipisten eingetreten ist.
Zur „Intensität“ der Maßnahmen konnte die Behörde lediglich feststellen, dass die Geländeveränderungen zwischen einigen Dezimetern und mehreren Höhenmetern betragen hatten. Eine genauere Zuordnung zu den einzelnen Vorhaben war wieder nicht möglich. Der US konnte daher auch nicht beurteilen, ob diese Veränderungen eine „Pistenerrichtung“ darstellen. Da der Umweltanwalt nicht nachweisen konnte, dass durch die Maßnahmen im Bereich des Skigebietes die Schwellenwerte überschritten wurden, erkannte der US, dass keine UVP durchzuführen ist.
Der US hat mit diesen Entscheidungen notwendige Klarstellungen zur Frage der Flächenberechnung, der Zusammenrechung und der „Beweislast“ des Umweltanwaltes getroffen.
(erschienen in ISR 6/2010, Christoph Haidlen)