Als kommerzieller Erfinder des mechanischhergestellten Schnees gilt derAmerikaner Joe Tropeano. Schon Anfangder 50er Jahre ist es ihm gelungen, die wissenschaftlichenErkenntnisse des Schneemachenstechnisch zu lösen und mit seinerLarchmont-Kanone Schnee zu erzeugen.Unsere erste Groß-Schneeanlage projektiertenwir im Winter 1977/78.
Am 12. Juli1978 war Baubeginn. Beim Bau selbst warauch ein gewisser Thorwald Sverdrup, nachmaligerEntwickler und CEO von SkiStarSchweden/Norwegen mit von der Partie –damals noch als Student. Bereits am 23.November 1978 schneite Savognin erstmalsfür seine Gäste. Olympiasieger Heini Hemmiund Landammann Tona Collet habendie Schneeanlage am 8. Dezember 1978 getauft.Studie, Vorprojekt, Detailprojekt, allenotwendigen Bau- und Durchleitungsbewilligungensowie den Bau selbst „boxten“wir damals in einem Jahr durch.
Tausende wollten die Schneeanlage sehen.Damals war der Bau unserer Groß-Schneeanlagerevolutionär. Um das Interesse derGäste zu befriedigen, haben wir Führungenin der Zentrale der Schneeanlage angeboten.Wir hatten sehr interessierte Gäste. EinGast beteuerte einmal vor einer Führung,dass er das Prinzip des Schneemachensschon ungefähr kenne. Und er erzählte (ichzitiere): „In der Pumpenstation werdenWolken gemacht und anschliessend insFreie gelassen.
Mich interessiert nun, wiedie Wolken exakt über die gewünschten Pistengesteuert werden können …“Damals hatten manche Gäste ganz abenteuerlicheIdeen von der Beschaffung von Ersatzschnee.Aber wer weiß, vielleicht gelingtes uns ja schon in 30 Jahren, solche schneeschwangeren Wolken exakt über unserenSkigebieten einschweben zu lassen und mitKnopfdruck durch eine Schneemacherin zuaktivieren.Doch bevor es uns tatsächlich gelungen ist,wirklich guten Schnee zu machen, probiertenwir im Winter 1974/75 zuerst einmaleine Test-Schneekanone aus.
Statt des erwartetenSchnees produzierte diese aber vorallem Eis. Das Ergebnis demoralisierte denVerwaltungsrat und die Betriebsleitung derSavognin Bergbahnen dermaßen, dass dasProjekt Schneekanonen kaum mehr realisierbarschien.Im November 1977 reiste ich dann mitmeiner Familie nach Engelberg zu einem sogenannten „Vergleichsmessen“ verschiedenerSchnee-Erzeuger-Fabrikate. Mit von derPartie war der legendäre SchneemacherMarkus Pausackerl vom Semmering.
DieWitterung machte nicht mit. Es war langenach Mitternacht, bis die Veranstalter desVergleichsmessens einen Film auftreibenkonnten, in dem sie uns zeigten, dass esauch funktionierende Schneeanlagen gibt.So holte ich also die entsprechenden Unterlagenund Grobofferte ein. Unser damaligerVerwaltungsrat bewilligte dann aber nur mitäußerster Skepsis das Detailprojekt.Wir zogen Ingenieur Reidar Hegland ausChur bei und starteten bald danach zu einerBesichtigungstour nach Sunne in Schweden,wo Schneeanlagen im Einsatz standen.
Diesen Besuch organisierten Sture Henningsohnaus Sundsvall, Europavertretervon Larchmont-Snowmaking, und SvenHenrikson, damaliger Chef des SkigebietesSunne/Schweden.Dann ging alles sehr schnell. Wir formuliertennoch in Schweden mit den Herstellerndie Garantiebestimmungen. Zuhause verhandeltenwir mit den Landwirten und denGemeinden, fragten bei der Kantonalbankfür einen Kredit von 3.4 Mio. Franken (2,2Mio. Euro) nach. Dort fand man das Vorhabenexorbitant teuer und die Idee zwarverrückt, aber zukunftsgerichtet.
Schließlichbewilligte der Bankrat doch noch denKredit. So konnten wir also Europas ersteGroß-Schneeanlage bauen. Schneemacherchef(auf Romanisch „Neivist“) der erstenStunde war Teias Wasescha. Heute stehenfünf Schneemacher im Einsatz, seit vielenJahren unter der Leitung von Leza Schmid.Im Sommer und Herbst 1990 tobte inGraubünden ein politischer Kampf umSchneeanlagen. Es stand eine kantonaleVolksinitiative für ein Verbot der Beschneiungim Hause! Ich leitete das Kampf-Komiteegegen diese Initiative als Präsident derInteressengemeinschaft Tourismus Graubünden.
Am 2. Dezember 1990 entschiedsich das Bündner Volk mit 56 % zu 44%gegen die „Schnapps-Idee“, Schneeanlagenzu verbieten. Graubünden und die ganzeSchweiz haben leider über viele Jahre namhafteWintertourismus-Wertschöpfung verloren.Dieses Beispiel zeigt: Aufgepasst, wasvon Fundamentalisten aufgetischt wird,denn es kann sehr gefährlich werden. OhneSchneeanlagen wäre es im Bergtourismuswohl im ganzen Alpenraum zu einemGrounding gekommen.
Schneemachen ist eine Service-Public-Aufgabe.Innerhalb der letzten 30 Jahre investierteunsere Bahn 12 Mio. Franken (8 Mio.Euro) in Bau, Ausbau, Optimierung undErneuerung der Schneeanlagen. Bis heuteberappten wir alle Investitionen und dengesamten Betrieb aus eigenem „Sack“. Daswird in Zukunft nicht mehr möglich sein.Schneemachen kann man nicht zum Nulltarifhaben. Wie gesagt, Schneemachen istim Grunde genommen eine Service-Public-Aufgabe.Von 1500 m Schläuchen im Winter1977/78 bis zur heutigen Vollautomatikund Beschneiung sind gegen 30 Jahre vergangen.Die Zukunft liegt in der leistungsfähigenBeschneiung mit bis zu 1000 l/sund mehr. So ist es möglich, die Standardpistenin 50 bis 70 Stunden einzuschneien.
Leo Jeker