Angesichts der Investitionen vielleicht keine schlechte Idee, das mal zu hinterfragen.
Auch wenn oft nicht gern akzeptiert – man kann nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen, zumindest wird das wohl da oder dort zu Unzufriedenheit führen! Catch-all-Anbieter sind langfristig nicht erfolgreich. Der Kampf um den Gast wird angesichts zunehmender Konkurrenz (man sehe sich die Investitionen und Projekte in vielen Ländern an!) härter. Nur wer die Bedürfnisse seiner Gäste genau kennt, gewinnt! Die Auswahl erfolgversprechender Zielgruppen und die Ansprache über die Bedürfnisse dieser Zielgruppe(n) ist der erste Schritt, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Es verlangt also den Mut zur Positionierung. Denn die Wünsche der Gäste sind so unterschiedlich wie die Skigebiete selbst: Familien, Jugendliche, der Après-Gast, der genussorientierte Sonnenanbeter oder der Sportfreak – welches Segment ist in meinem Skigebiet bereits da und wessen Bedürfnisse erfülle ich am besten? Diese Informationen sind unumgänglich, um sein Unternehmen erfolgreich strategisch zu positionieren und machen verständlich, weshalb immer mehr Unternehmen in das Messen von Kundenzufriedenheit und Stärken und Schwächen investieren (wobei man hier angesichts der echten Investitionen eigentlich nicht von Investitionen sprechen kann). Denn allen kann man es bekanntlich nie recht machen, oder?
Dann bauen wir eben eine neue Bahn, das spricht alle Zielgruppen an …
Manchmal kommt es mir so vor, als wenn die Investition in eine Bahn für viele der einfachste Weg wäre, um etwas zu bewegen. Man findet rasch Einigkeit (im Ort oder Tal), dass eine neue Bahn her muss, und es benötigt nicht allzu viel Kreativität und Hirnschmalz. Ob das angesichts der Jahresergebnisse allerdings immer die beste Entscheidung ist, sei einmal dahingestellt. Eine moderne Bahn, designorientiert und komfortabel, gilt jedenfalls oft als Aushängeschild eines Unternehmens und wird gerne für Marketingzwecke genutzt. Doch wen kann ich damit wirklich gewinnen? Ein Blick auf die Kaufentscheidungsgründe für ein Skigebiet in unseren jährlichen Kundenbefragungen (SAMON) macht deutlich, wer sich verstärkt aufgrund der Modernität oder des Komforts der Liftanlagen für ein Skigebiet entscheidet. Insgesamt sollte man beachten, dass nur rund 21 % der Gäste die Modernität der Liftanlagen als kaufentscheidend beurteilen (also für vier von fünf keine Rolle spielen) und damit diese eine deutlich weniger entscheidende Rolle spielen als z. B. Größe, Schnee und Skipisten. Während für Gäste aus Österreich und den Niederlanden die Bahnen noch eine geringere Bedeutung haben als für den Durchschnitt, wirkt vor allem für Skifahrer aus Osteuropa und der benachbarten Schweiz eine Bahn stärker kaufentscheidend als für andere Nationen.
… stimmt schon, aber eher gleich schwach
Angesichts der medialen Nutzung müsste man davon ausgehen, dass man vor allem neue Gäste anlockt. Erstbesucher werden allerdings über die Modernität der Liftanlagen mit nur rund 12 bis 13 % deutlich weniger überzeugt als Stammgäste – in Anbetracht der damit verstärkten Marktbearbeitung eigentlich ein erstaunlich niedriger Wert. Da driftet die Eigensicht der Seilbahner wohl von den Kundenmeinungen ab. Stammgäste führen die Bahnen stärker an, sie freuen sich offensichtlich über Neuigkeiten im Skigebiet. Ebenso beurteilen gute Skifahrer überdurchschnittlich häufig die Modernität der Liftanlagen als kaufentscheidend – hier also eine klare Frage der Zielgruppe! Ebenso steigt die Bedeutung der Bahnen mit zunehmender Aufenthaltsdauer der Gäste – da spielt der Komfort offensichtlich eine wichtigere Rolle! Frauen gewinnt man deutlich weniger mit Bahnen und Liften, die technischen Bereiche wirken für Männer wichtiger – sei es nun die Beförderungszeit, die Qualität oder auch die Art der Bahn! Ob es wohl an der geringeren Wartzeit bei modernen Bahnen liegt? Denn auch da haben die Männer hinsichtlich Kaufentscheidungsgründe die Nase vorn. Von wegen Frauen können nicht warten ...
Und wie wirkt sich die Modernität/Komfort der Liftanlagen auf die Gesamtzufriedenheit aus? Auch hier müssen sich die Seilbahnen und Lifte mit einem Platz hinter dem Skigebiet und den Pisten, vor allem aber – wie schon in einem früheren Beitrag erläutert – hinter der Gastronomie zufrieden geben. Kurzum: Bahnen sind schon wichtig, aber eher für die Vermeidung von Unzufriedenheit; Begeisterung und Kaufentscheidung lösen sie weniger aus. Das ist ja eigentlich auch klar, weil sie ja nicht den eigentlichen Kundennutzen darstellen.
Angesichts dieser Fakten scheint es doch ratsam, sich mehr mit strategischen Fragen und Kundenwünschen auseinanderzusetzen. Dies ist manchmal unbequem und anstrengend, doch das Wettrüsten scheint nun keine weiteren deutlichen Wettbewerbsvorteile zu bringen. Eines ist nämlich auch klar: Neue Bahnen als Vorteil gehören wohl zum relativ Einfachsten, das kopiert werden kann. Nachhaltiger Erfolg ist da zumindest sehr kostspielig.
Aber zum Thema der Wirtschaftlichkeit ein anderes Mal mehr.
Klaus Grabler