Die vergangenen Jahre haben in Österreich gezeigt, dass im Sommer die Wachstumsraten hoch waren (man könnte anmerken: mancherorts nicht schwer), in Deutschland sprechen viele Bahnen von der interessanteren Saison. Was also tun? Ich weiß es nicht, denn trotz der offensichtlichen Chancen gibt es immer noch reichlich wenig Information und Daten im Vergleich zum Winter. Aber ein paar Überlegungen hätte ich schon anzubieten; wie immer Denkanstöße, die sich über Feedback freuen.
Klar muss es leichter sein, im Sommer zu wachsen. Die potentielle Kundschaft schläft vor der Tür und muss „nur“ dazu bewogen werden, doch mit der Bahn nach oben zu fahren. Eigentlich gibt es ja unglaublich viel Potenzial an Kunden: Jeder Übernachtung steht ein Tag gegenüber, der mit Leben erfüllt werden will. Der Unterschied zum Winter ist aber auch klar: Da kommt man wegen des Wintersports, da prägen die Seilbahnen das touristische Angebot und Image der Alpen. Winter ist Alpinsport und gibt den Bergen ein modernes, unterhaltsames und nach wie vor schickes Image. Im Sommer prägen die Seilbahnen das Image der Regionen nicht.
Daher sind auch die Gäste ganz andere als im Winter. Das Sommer-Image Österreichs ist Natur, Erholung und Wandern: seit langem und immer noch. Mag es da und dort eine Ausnahme geben, flächendeckend punktet nichts anderes. Wer richtig Unterhaltung sucht, weicht zum Wasser aus, wer richtig sich erholen will, tut dies ebenso im Süden und wer sporteln will … kommt vielleicht, braucht aber nicht unbedingt die Bergbahnen.
Neue Gäste anziehen oder die bestehenden ansprechen
Das Erfolgsrezept im Marketing ist bekannt: Positionierung ist gefragt, abgrenzen von anderen, einen USP (unique selling point/proposition = Alleinstellungsmerkmal, Anm. d. Red.) erarbeiten, der uns differenziert und verkaufbar ist. Für die Seilbahnen als treibende Kraft im Winter gilt diese Erfolgsformel des Marketings sicherlich auch. Im Sommer aber? Im Sommer sind die Bergbahnen im Moment nichts anderes als eine Attraktion, ein Ausflugsziel am Berg und damit in Konkurrenz zu Schiffen, Tennis, Rad fahren (auch wandern), essen, nichts tun, ins Kino oder Museum gehen oder einfach baden. Damit kann man sich als Tagesausflugsziel im Reigen der Ausflugsziele positionieren, doch bei Nächtigungsgästen – und die muss man angesichts der Entfernung der urbanen Gegenden ansprechen – wird man wohl kaum das einzige bleiben. Aus heutiger Sicht scheint eine zentrale Rolle eher unrealistisch. Wenn das so ist, kann man für eine Region kaum prägend sein und kann in Folge auch nicht neue Gäste mit einem speziellen Profil anlocken. Die Abgrenzung und die Fokussierung auf Zielgruppen stellt sich somit als richtige Strategie eigentlich etwas in Frage. Kurzfristig scheint es also wichtig zu sein, einen Blick auf die bestehenden Gäste zu werfen, die vor der Türe auf Abholung warten – wer von den Seilbahnen kennt etwa die T-MONA-(Tourismus Monitor Austria) oder QM- (Qualitätsmonitor Deutschland Tourismus) Ergebnisse seiner Region? Wäre aber nicht übel, denn das sind die Gäste vor Ort, die es anzusprechen gilt. Jetzt kann man vielleicht punktuell mit Action überzeugen, in der Mehrheit sind diese aber älter und suchen Erholung, (nicht zu viel) Bewegung und vor allem einen atemberaubenden Ausblick und ein besonderes Naturerlebnis.
Differenziertes Angebot
Klarerweise sind aber auch viele Familien im Urlaub – und Familien holt man mit speziellen Kinderangeboten und Spielen auf den Berg. Vereinfacht fallen mir als Wachstumsstrategie für das Ausflugsziel am Berg ein (abgesehen von einer strategischen Sicht als tonangebende Rolle auch im Sommer): Entweder muss man die bestehenden Gäste öfter auf den Berg bekommen oder all jene ansprechen, die nicht auf den Berg fahren. Noch fehlen meist die Ideen und Angebote für viele Wiederholungen, daher scheint im Moment einfach die Frage nach unterschiedlichen Angeboten für jeden Berg relevant. Dann hätten alle Bahnen ja viel gewonnen, wenn jeder Gast auch einmal auf den Berg fährt (und manche öfters, weil sie zum Beispiel wandern gehen). Wie das geht? Man muss wohl für jede Zielgruppe unter den drei bis vier Top-Aktivitäten in der Region liegen, dann wird man wohl im Laufe einer Woche auch drankommen.
Etwas dabei für die Zielgruppen?
Will man für die jüngeren Gäste da sein, braucht es Sport und Geselligkeit. Das wäre ja sogar vielleicht positionierungstauglich, nur das Image Österreichs liegt halt weit weg. Für manche Regionen könnte es dennoch klappen. Je älter die Gäste, desto mehr gehen die Interessen in Richtung Erholung und Gesundheit. Dazwischen finden sich die Familien, die neben der Natur Wert auf Spaß und Unterhaltung legen, die Kinder wollen spielen und entdecken. Allen gemein ist das Thema Natur, das wohl eine der Kernstärken Österreichs und der Berge ist. Deshalb sei auch gewarnt, mittelfristig nur beliebige Attraktionen auf den Berg zu stellen, die auch anderswo stehen könnten. Das funktioniert zwar vielleicht auch kurzfristig, da man ja im Set der Attraktionen auch da mitspielt, kann aber jederzeit kopiert werden und bietet keine Chance auf einen langfristigen, strategischen Wettbewerbsvorteil. Vielleicht sollte noch mehr Hirnschmalz in die Entwicklung des Sommers gelegt werden, „copy and paste“ funktioniert schließlich nur am Bildschirm gut.