Dieses Ergebnis bestätigt die Erkenntnis, dass Kinder – anders als noch vor 20 oder 30 Jahren – in hohem Maße Kaufentscheidungen der Familie mittragen und nach ihrer Meinung gefragt werden.
Hatten wir es früher mit eher autoritären Entscheidungen zu tun – der Vater bzw. die Mutter bestimmte, wohin es im Urlaub ging –, finden heutzutage „Familienkonferenzen“ statt. Darin werden alle Familienmitglieder gehört, sie dürfen mitreden und mitentscheiden. Kinder und Jugendliche werden immer früher und auch stärker in die Reiseentscheidung miteingebunden.
Für die Tourismusbranche besteht die Herausforderung nun darin, zusätzlich mit diesen „neuen“ Entscheidern zu kommunizieren. Informationen und Angebote müssen auf der einen Seite die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen (Spaß, Freiheit, Kreativität) kommunizieren, auf der anderen Seite die Wünsche der Eltern und Erziehungsberechtigten in Bezug auf ihre Kinder berücksichtigen (Sicherheit, Betreuungsmöglichkeit vor Ort, gemeinsames Familienerlebnis).
Erstaunliche Einblicke
Wenn die Kinder also stark mitbestimmen, wohin die Familie im Urlaub fährt, ist es wichtig zu wissen, was Kinder im Urlaub toll finden und wonach sie ihre Urlaubsentscheidung ausrichten. Eine großangelegte Studie aus Deutschland (BMWi-Zukunftsprojekt „Kinder- und Jugendtourismus in Deutschland“) gibt erstaunliche Einblicke:
- Verstärkte Nachfrage nach Programminhalten
Kinder und Jugendliche wollen immer häufiger auf ihren Reisen aktiv Neues entdecken und neue Dinge lernen und erleben. Hier sind Programminhalte gefragt, die sowohl Kinder als auch Familien ansprechen. Besonders ältere Kinder ab 8 Jahren sind an „coolem“ Wissen interessiert und geben dieses Wissen an ihre Eltern weiter („Ich weiß etwas, was Du nicht weißt“). Hier ist vermehrt „Edutainment“ gefragt, das heißt Spiel, Spaß und neues Wissen sollen kombiniert werden. Das können durchaus neue oder anspruchsvolle Themen sein. Bei den Reisemotiven ist zum Beispiel „Natur erleben“ ein für Kinder und Jugendliche (!) durchaus spannendes Thema. Kleinere Kinder wollen mit Maskottchen und Spielen, aber ebenso mit durchdachten und professionellen Angeboten unterhalten werden. - Verändertes Informationsverhalten
Kinder- und besonders Jugendentscheidungen werden immer stärker von Internet/Social Media beeinflusst – sowohl beim Informationsverhalten als auch zunehmend bei der Buchung. Ebenso werden persönliche Empfehlungen, welche immer schon wichtig waren, stark durch 10 & Co geprägt. Generell kann man damit rechnen, dass sich Kinder ab zehn Jahren im Internet gut genug auskennen, um spezielle Angebotsseiten anzusurfen. Eine Ansprache von Kindern im Netz unterliegt allerdings starken ethischen Grundsätzen und Reglementierungen. Kinder unter 13 Jahren sollen (und dürfen) daher gar nicht auf Facebook angesprochen werden. - Steigender Qualitätsanspruch
Speziell Kinder werden diesbezüglich oft unterschätzt. Sie haben ein steigendes Qualitätsbewusstsein bei der „Hardware“ (Hotelzimmer), und auch die „Software“ (etwa die Betreuungsqualität) wird immer wichtiger. Ein gutes Beispiel ist kostenloses WLAN in der Unterkunft, im Ort oder in der Seilbahnkabine, welches für Kinder und Jugendliche eine große Rolle spielt. - Umweltschutz
Umweltverträglichkeit gewinnt auch bei Kindern und Jugendlichen an Bedeutung, ist aber noch nicht reiseentscheidend. - Reisemotive von Kindern und Jugendlichen
Sie sind keinen starken Schwankungen unterworfen. Die Top 3 Reisemotive sind „Spaß haben“, „mal woanders sein“, „etwas Neues erleben“. Für die 3- bis 13-Jährigen ist besonders wichtig, „mit Gleichaltrigen zusammen zu sein“ und „ohne Aufsicht der Eltern zu sein“. Weitere Präferenzen der 3- bis 13-Jährigen sind „Spiele spielen“, „Natur beobachten“, „Sport treiben“, „Kreative Tätigkeiten“, „Musik machen“. Gänzlich uninteressant ist für diese Zielgruppe „Relaxen und entspannen“. Die Präferenzen der 14- bis 26-Jährigen beinhalten hingegen schon „Relaxen und Entspannen“, weiters „Party machen“ und – erstaunlicherweise auch – „Natur beobachten“.
Fazit
Für die Tourismusbrache wird es in den nächsten Jahren von zunehmender Bedeutung sein, wie sie mit den „neuen“ Mitentscheidern kommuniziert. Sie muss sich jedenfalls mit einer weiteren Professionalisierung und Spezialisierung des Marktes in Richtung Kinderinteressen auseinandersetzen.
Ursula Weixlbaumer-Norz