Ziel war es, den Schutzgütern Boden, Wasser, Klima, Luft, Tiere und Pflanzen, Kultur- und Sachgütern, Landschaft und Mensch in Planungsprozessen einen höheren Stellenwert im Rahmen von Entscheidungen einzuräumen.
Darüber hinaus sollten dadurch für den Bürger durch Betrachtung von Alternativen und die Aufbereitung von Fachinformationen die komplexen Planungsprozesse, Wirkungsketten und entscheidungsrelevanten Aspekte transparenter und einfacher werden.
Betrachtet man das aktuelle UVP-Gesetz in Österreich, dann finden sich Inhalte und Ziele dort klar und nachvollziehbar formuliert. Die Verwirrung beginnt, wenn man sich die dazugehörige Praxis ansieht.
Zu dem klaren gesetzlichen Verfahren, welche Inhalte zu behandeln sind, kommen neue Aspekte hinzu, wie etwa die Forstwirtschaft und die Jagdwirtschaft. Zwei wichtige Aspekte – ohne Zweifel –, aber nicht bezogen auf die Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern relevant für die zu erzielende Jagdpacht, mögliche zukünftige Bringungserschwernisse für die Waldbewirtschaftung u.v.a. Diese Aspekte müssen natürlich berücksichtigt werden, sie sind aber als Wirtschaftsbelang in der UVP eigentlich nicht „zu Hause“. Gleiches gilt für gutachterlich zu erfassende Bewirtschaftungserschwernisse in der Landwirtschaft, Probleme für die Fischereiwirtschaft u.ä., bei denen man vergeblich die Verankerung in der Richtlinie, im Gesetz oder auch in der Praxis in anderen Ländern des Alpenraums sucht. Die Liste solcher wirtschaftlich relevanten Aspekte ließe sich noch länger fortsetzen.
Die Ausweitung der Schutzgüter zieht, wie aktuelle Praxisbeispiele darstellen, eine entsprechende „Flut“ an spezifischen Gutachten nach sich. Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind vielfältig. Durch die zusätzlichen – nach dem Gesetz an sich nicht erforderlichen Gutachten – erhöht sicht der finanzielle Aufwand für die Erstellung und die Sachverständigen. So verwundert es nicht, dass in Deutschland – trotz dort sehr differenziert zu prüfender artenschutzrechtlicher Belange – die Umweltverträglichkeitsprüfung erheblich weniger kostet.
Nun könnte man argumentieren, dass es zugunsten von Umwelt, Bürgern und Fachbehörde nicht darauf ankommen kann den Kostenaufwand anzuführen. Doch Bürgerinnen und Bürger sowie Umweltsachverständige profitieren von der genannten Entwicklung ebenfalls nicht. Die Vielzahl der Gutachten, Teil- und Zusatzaspekte erschweren den Blick auf die wirklich entscheidenden gesetzlich geregelten Inhalte. So berichten Umweltsachverständige von der täglichen Herausforderung, sich durch die Papierberge zu lesen und die Informationen herauszufiltern, die entscheidungsrelevant sind und deren fachliche Qualität spezifisch zu prüfen ist. Der Zeitaufwand steigt und die Transparenz sinkt.
Es stellt sich auch die Frage, ob die wirtschaftlichen Aspekte, wie etwa Einbußen der fischereirechtlichen Nutzung und deren Entschädigung, nicht einfacher und unkomplizierter außerhalb des UVP-Verfahrens geregelt werden könnten. Hier ist kein Bedarf der öffentlichen Beteiligung, denn es ist kein öffentliches Gut betroffen, wie etwa bei Luft, Wasser und Biodiversität.
Insgesamt besteht die Gefahr, dass ein wichtiges Instrument der Planung und Entscheidungsvorbereitung gemieden wird „wie vom Teufel das Weihwasser“ (Zitat eines Seilbahnbetreibers). Damit fehlt nicht nur ein Beitrag zur Vermeidung und zum Ausgleich von Umweltauswirkungen, sondern die zunehmend wichtige Vermittlung von Planung kommt bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht an.
Die rechtlich erforderliche Aufnahme weiterer Prüfinhalte, wie z.B. bei Seilbahnen die CO2 Bilanz für Bau, Anlage und Betrieb, sollte als Anlass genutzt werden, gemeinsam über das Instrument der UVP, seine Aufgaben und die hierfür erforderlichen Inhalte nachzudenken. Ein Runder Tisch aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis wäre ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung, vielleicht wäre auch ein grenzüberschreitender Austausch ein Gewinn.
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. DDr. Ulrike Pröbstl