Das Verständnis für die Architektur am Berg ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen, erfasst immer größere Bevölkerungskreise. Die öffentliche Wahrnehmung und Sensibilität hat dank herausragender Beispiele, über die durchaus gegensätzlich diskutiert werden kann, immer mehr zugenommen. Jedenfalls gibt sie Anlass für eine erhöhte Bereitschaft, sich damit auseinander zu setzen. Architektur am Berg kann darüber hinaus zum Erlebnisfaktor werden.
Der Architektur Award der ISR, 2009 erstmals als Pilotprojekt durchgeführt, hat sich 2013 mit verbreiteter internationaler Basis etabliert. Er ist zweifellos noch ausbaufähig, aber heute schon etwas Besonderes, und findet bei Bauherren, Planern und Architekten vermehrt Aufmerksamkeit.
Zeitzeichen der Architektur gibt es seit Jahrzehnten auch im Bereich von Seilbahnstationen, früher zwar nur sporadisch. Denn Architektur muss man sich erst leisten können, kostet etwas, erfordert Denken in Generationen, bringt selten spürbar höhere Erträge, höchstens wohl-wollende Anerkennung und gelegentlich internationale Auszeichnungen.
Dennoch: Das Sensorium für Ästhetik, für Funktionalität, für Einbindung ins Linienspiel der alpinen Landschaft oder als bewusster Kontrapunkt – um nicht zu sagen Fremdkörper – im Landschaftsbild, ist in den letzten Jahren ausgeprägter geworden. Denken wir zum Beispiel nur an die hochalpinen Bergstationen der Ötztaler Gletscherbahnen am Gaislachkogl in Sölden und der Wildspitzbahn am Pitztaler Gletscher oder an das Gipfelrestaurant der Aroser Bergbahnen am Weisshorn – alle drei Sieger beim ISR Architektur Award 2013.
Inzwischen gibt es nicht nur bei Bauwerken, sondern auch bei Seilbahnkabinen interessante Design-Lösungen. Hier seien stellvertretend die „Cabriobahn“ auf das Stanserhorn am Vierwaldstädter See und die Kabinen im Porsche-Design der Pendelbahn auf die Schmittenhöhe in Zell am See erwähnt.
Bauen im alpinen Umfeld ist stets in gewissem Sinn ein Abenteuer und eine Herausforderung. Es versteht sich daher von selbst, dass nicht alle Seilbahnstationen, Bergrestaurants etc. alleinstehende architektonische Zeitzeichen sein können. Aber auch mit weniger finanziellem Rückhalt lassen sich funktionelle, klar strukturierte Lösungen erzielen. Die früher übliche und oft einfallslose Holzhütten- bzw. Betonklotz-Architektur sollte in jeder Hinsicht Vergangenheit sein.
Innovative, ja teilweise futuristische visionäre Architektur am Berg ist nicht nur ein Erlebnisfaktor, sondern sie leistet einen Beitrag zur Identität eines Ortes oder einer Destination. Wenn der ISR Architektur Award hier weiter geholfen hat, war die Idee dazu allein schon fruchtbringend.
Helmut Lamprecht